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Donnerstag, 8. April 2010

...UND IST MEIN KRIEG AM HINDUKUSCH

...die nachrichten reißen nicht ab, und mein zustand und der zustand
der soldaten im "kriegs"gebiet ist unverändert dramatisch,
ist nicht anders als vor einigen monaten.
das gedicht spürt immer noch meine gedanken auf.
Da ist nach wie vor keine milderung, keine abschwächung in
meiner einschätzung der situation... im gegenteil.
worauf sollen die soldatenmütter und -frauen stolz sein - wofür
sind ihre söhne gestorben?

die wichtige frage: "cui bono?" hängt nach wie vor unbeantwortet
in der luft.
wenn mein blick über die zerklüftete gebirgslandschaft bei google-maps
wandert, und ich im namenlosen nichts (keine straßenangaben in der geländekarte) winzige täler mit grünflächen und
häusern finde (satellit), dann frage ich mich, wie dieses unzugängliche land je
kontrolliert werden kann...




- es ist ein schlimmes verwirrspiel,

die argumente schlagen gegeneinander

trommelwirbel mit atemloser hast -

und die kontroverse diskussion

zersplittert den sachverstand,

und du weißt nur, dass du nichts weißt,

oder zu wenig...


...aber, kann man denn je,

jemals ein richtiges wissen haben,

ein richtiges argument, einen grund,

einen, der krieg rechtfertigt,

einen, der in der letzten konsequenz,

den tod von vielen mit einkalkuliert,

ihn mit bleiernem grinsen hinnimmt,

das schluchzen und weinen der fliehenden,

den glasigen gebrochenen blick der zerrissenen,

die wutschreie der kämpfenden...

auf beiden seiten,

denn alle kämpfen für die richtige sache,

für ihre wahrheit,

für ihren grund,

für ihr richtiges argument,

weil sie das echte wissen haben,

das ihnen den mut und die kraft gibt,

die rechtfertigung zu glauben,

ihr kampf sei die einzige bedingungslos

wirklich vertretbare konsequenz,

sinnvoll und wert, wert das eigene leben

einzubringen, bereitzustellen

vor den opferstock einer fiktiven zukunft...


...während wissen und verständnis

in rinnsalen versickern,

jounalisten ihre augen und ohren

in sicherem abstand in ritzen zwängen,

kollateralschäden abtasten

und google-earth die rasterfahndung verrätselt,

erfüllen flüstern und hecheln die luft,

schlägt die lüge – mit tausend zungen –

im echo verstärkt von fels zu fels

während der neue und der verkrustete

angstschweiß wie eine dunkle aura

die harrenden kämpfer umstrahlt,

und niemand genau weiß was war

und niemand genau weiß was ist

und niemand genau weiß was wird,

weil krieg nicht kalkulierbar ist,

weil hass nicht kalkulierbar ist,

weil wut nicht kalkulierbar ist,

und lust und macht und machtgelüst

sich ausbreiten wie ein flächenbrand,

vernunft sich in rauch auflöst

und asche den himmel verdunkelt...


...da sitzt du und legst die hände

auf gesicht und augen

und suchst nach gründen

im selbstgeschaffenen

sicheren dunkel.

vor dir irgendwo, in reichweite,

die gelesenen passagen,

die berichte, die gesammelten einsichten

und fakten, diese sinnträger,

die schwarzen zeichen auf weiß,

sind trommelwirbel hinter den lidern,

und während du argumentierst

tun sich fenster auf vor dir

und du schaust hinaus und hinein

in tiefe gebirgstäler mit versprengten dörfern,

frauen mit burqa weil es immer so war,

mohnfelder auf lichten höhen, gemüsegärten,

auf kahlen hängen, die der blick trifft, ein knecht,

viele knechte, ein bauer, viele bauern,

ein kind mit der hacke, dem bündel,

die feldarbeit im steilen gebirg ist mühsam.

wessen berg ist das, wessen dorf, wes knecht,

dorfälteste, räte, warlords mit ihrem machtnetz

von felssturz zu fels...


und taliban klettern wagemutig auf schleichpfaden.

hörst du den ruf des falken,

den gesang der nachtigall,

das zirpen der grillen,

die musik der natur durchwebt

arg- und ahnungslos die luft.

zerborstene häuser, straßen, brücken, wege,

dächer und brunnen, ruinen und einschusslöcher

wo längst wieder oder immer noch wohnung ist,

zaudert der fuß das offene feld zu durchspringen,

barst nicht erst gestern die mine, so nah...

...und im unwirtlichen, zerklüfteten land,

in den talfurchen, den bergmassiven,

unter dem geröll der halden ruht gold, silber, bauxit,

wolfram, uran, zink, kupfer, mangan, öl und gas...

...und irgendwo im ledersessel sitzend

schieben in trilateralen runden

die global vernetzten,

multipolar etablierten gamelords

ihre bauern über das spielfeld

und der zeiger der uhr klickt weiter,

und einer sagt leise:

„bald wird das fell des bären geteilt!“
.
.
.

7 Kommentare:

  1. DAS IST STARK!!!

    Ich hoffe drauf, dass es gelesen wird von gaaaanz vielen, dass es endlich bei allen dafür Verantwortlichen *klick* macht!!!

    Handreichtdirherzlich, Rachel

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  2. Anonym9/4/10

    die wichtige frage: "cui bono?" hängt nach wie vor unbeantwortet
    in der luft.


    Nein, das finde ich gar nicht.

    Wem das dark-shadow-bashing in einem mohn-anbauenden Land wie Afghanistan nützt, dürfte jedem nicht von Mohn-Produkten anästhetetisiertem Verstand auf direkt der Tüte liegen.

    Verwunderlich ist eher, wie einer kiffergeneigten Generation von chill-followers ein solcher Militäreinsatz als auf so etwas Lächerliches wie Stabilisierung hinaus Laufendes verkauft werden kann. Aber die kaufen ja auch Dieter Bohlen für den Heiland, warum nicht auch das?

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  3. A morte é apenas um detalhe, amiga!

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  4. Powerful!!! Wow. A soul-touching, poetic essay on the toll of senseless hatred, the corruption of power, and the ravages of war.

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  5. Powerful!!! Wow. A soul-touching, poetic essay on the toll of senseless hatred, the corruption of power, and the ravages of war.

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  6. Manchmal nimmt einem die Politik die Luft zum Atmen. Und die Poesie hat Mühe, dem Gehirn Sauerstoff zuzuführen. Was lässt sich nicht alles sagen über die Schrecken in dieser Welt ...

    Breughel, Bosch und dieses Gedicht inbegriffen.

    Viele Grüße
    Ralf

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  7. ...ich danke Euch ganz herzlich, I do thank you very much for your kind and empathic words...

    I have been full of controversal emotions ever since I learned about the historical background of Afghanistan - which was started reading James A. Mitchener story about Afghanistan "Caravans", published in 1964 for the first time. This story names all the difficulties that are there or have been there ever since Western Empires have started their overwhelming interest in the country.
    In the 1990s during the Russian occupation there was a liberalisation concerning the education of women... but everything was thrown back by the Taliban and their reign.
    I shudder...

    But now we are concerned, now my soldiers are over there in the hell which will still be a hell for a long time...

    "And one more thought: Isn't there one of the world's largest opium production as well?"

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