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Donnerstag, 29. September 2011

Herbst in Venedig

VENEDIG III


im schattenreich der herbstzeit dämmern jetzt die molen
die plastikflaschen torkeln schlagend rhythmisch an die wand
aus einem fenster schwappt musik und sackt verstohlen
hinein ins wasserklatschen, mischt das klanggewand.

die falter wappnen sich mit matten engelsflügeln,
und narren kinder hinter hochgereckten Scheiben,
ihr pochen lichtgelockt, der augen schmelz zu zügeln,
wenn wild-durchzuckt vom bildschirm blaue Flirrer treiben.

verlorne orte wären sie die dunklen kammern,
herrschte nicht tagtraum, dieses lässige begehren,
das blättert aus dem putz in monotonem jammern,
jahrausjahrein, und kann sich nicht verzehren...

die barke überfüllt, sie gleitet sacht im dunkeln.
touristen saugen lächelnd ihre atmosphäre,
des alten fährmanns wut, sie murmelt sich ins leere.
des schönen auge an der reling hält ein funkeln.

ein duft von blüten in der nacht, wo ist der garten?
dort hinter säulen, ach, aus glattgeschliffenem gestein.
ein ruf und sie erkennt den mann, jetzt wird sie warten.
in schwarze flucht drängt er sie lustverführt hinein.

des latin lovers atem trifft auf ihr verlangen,
ist’s hunger, gier, ein lange unerfülltes sehnen?
zu forsch sein tasten, lippenspiel auf mund und wangen,
das wilde sprachgewirr verhaspelt wort und tränen. 

die grobe ungeduld, das drängen sind ihr lästig,
sie stößt ihn weg, passanten bleiben stehn: er flieht.
die schamesröte, heiße glut, ihr atem hastig,
ob man die schmach am schwanken ihrer knie sieht?

betroffen gleiten ihre blicke steil nach oben
der schmutz des lichts verprellt den himmel flusiggelb,
das sternenzelt ist hinter watteweich verschoben
an feucht-durchtränktem stein atmet die welt.

versprenkelt schlendern die touristen über plätze,
sie plaudern, kuscheln arm in arm sich aneinander,
genießen ihre stunden fern der alltagshetze
und scheinen mitternächtlich nur im kreis zu wandern.

schon schleicht ein nebelhauch herauf aus den kanälen,
tavernen löschen langsam ihre warmen kerzen,
im fremden bette wird sie liegen, schäfchen zählen
mit diesem gallebittren stachel tief im herzen....

.

Samstag, 24. September 2011

Ode an den Herbst

 

Ode an den Herbst

Wieder geht mir der Tag flöten,
und die Musik  rauscht in der Stille...
da, Stimmen, ganz dünn,
ich versteh nichts.
Raus, nichts wie raus,
mein Gabrten ein gelb-brauner See.
Dort wo mein Tritt kaum hinkommt
raschelt der Igel, baut sich
ein Winterloch im Blätterberg,
den derWind hintreibt, täglich mehr.
Da bin ich noch
und wieder ein Herbst,
so ein satter, der nicht nachgibt
und nach mir schlägt mit seinen Farben,
reißt mich am Knöchel und schreit.
Ach, und allem Bemühen zum Trotz -
bleibt mir ganz bescheiden nur -
die Sehnsucht - die nach dem Lied.
Hör, diese Ode nun schreib ich dem Herbst,
weil er mich wieder mal jagt,
so wie das erste mal,
als ich ihn völlig bemerkte,
als er hineinsichtropfenließ in mein Herz...
Und mit dem Sommer, der groß war,
und den Sonnenuhren auf den Fluren
und den Winden halt ich Einkehr
und zieh sie immer von Neuem
durch meine Seele, jahraus-jahrein,
wenns kühler wird, und gelber und brauner
und Todesduft nebelt am Abend.
Du, bleib ruhig, das ist meine Ode,
die kannst ums Verrecken nicht leiden,
ich weiß.
Der Kran am Waldrand macht mich mürbe,
weil ich, wenns Frühling ist,
den Bergsaum nimmermehr sehn kann, ach,
denn da baun sie Häuser hin und dann
ist alles weg.
Wie soll ich denn dann und wann
durch welche Wiese gehn,
wenn keine mehr da ist?
Selbst wenn in Gedanken ich gerne
leicht wie der Wind durch ihre Binsen mich stehle,
geht das nicht mehr.
Es ist zum Heulen.
Na, und dann wird halt geheult - inwendig,
wie ich schon Hundertemale geheult hab,
und denk
ab jetzt niemals mehr.
Und wieder singt mir der Herbst
so ein gelb-braunes Lied in der Birke.
Die Birke, die kindlich mir winkt,
wie eine Tänzerin mit manieriertem Schritt
nachmimt die Jugendzeit.
Schau und das Kind hüpft grad so
wie ich damals durchs Gewirr von Blättern
und jubelt, so als wär es der erste Herbst,
der da ist, und das erste
Jahr das sich neigt, und das ist gut.
Weil doch die Hoffnung niemals versiegt,
gehe auch ich noch, zaghafter jetzt,
doch trotzig und halte mich hoch.
Weil doch die Hoffnung,
das Rinnsal ,
immer noch blöfft.

Ich rechne nicht ab,
wie und womit soll ichs denn tun,
wenn doch alles,
immer nur wieder zurückfällt auf mich,
und wegrennen gilt nicht.
Ja, diesem fränkischen Herbst sing ich mein Lied,
der mein Leben begleitet
wie der Zuckersaft auf der Haut,
wenn du Trauben klaust, so gut ist er,
so würzig, so süß, und klebt.
Er ist ein besonderer,
denn das Grinsen des Winzers
und das seiner Frau
scheint dir aus Dürers Bildern vertraut
und dann erwischst du zuviel vom ganz jungen Wein,
der brausend das Glas dir füllt,
und dann gehts dir schlecht.
Und es scheint, als grinsten sie alle herüber,
als wüssten sie alle von deinem Schicksal,
und es gab doch nicht einmal Tote,
nur so' n paar Schrammen an deiner Seele,
und wer hat die nicht?
Ach, lass dich verführen, du lieblicher Herbstduft,
geh ein paar Schritte
mit mir durch die Nacht, kalt ist’s,
doch du bist mein Bruder,
weil ich doch sonst nirgendwo einen hab.
© Gabriele Brunsch, 1996

Donnerstag, 22. September 2011

ERIK SATIE

  

 .
...teil meines lebens-klang-raums... 

weit ausgefüllt in meiner brust in meinem kopf

abgetastet bis an die ränder der tag-und-nacht-welt

schluchzend und ahnungsvoll
.

Donnerstag, 8. September 2011

das kind

.





komm, große welt, sei amme mir 
mit deinem tag und deiner nacht
und nähre mich an deinem leib,
gib wort-frucht mir von deiner pracht,
still meinen durst an deinen bilder-quellen.
lass aus dem urgrund deines seins mich trinken,
ins weiche fleisch der musen lass mich sinken,
und wiegen mich im wellen-bad der phantasie.
ich schenkte kleine texte dir zum bunten zeitvertreib.
dies kind zu sein, das ende nie...




.

Samstag, 3. September 2011

M Ä R C H E N

märchen

tief drin im märchenhaften wald,
tief drinnen in der märchenwelt
da wohnt ein märchenhaftes kind,
prinzesschen fein, prinzesschen klein,
wer mag das schöne mädchen sein?
im märchenwald ein märchenschloss,
im märchenland ein märchenkind,
sein haar das fliegt im märchenwind,
prinzesschen fein ist so allein,
so viele tränen sie vergoss,
will nicht alleine sein....
da kommt der große märchenprinz
auf seinem hohen märchenross,
zum märchenwald mit märchenschloss,
er sieht das mädchen in dem wald,
und denkt, was ist der wald so kalt,
der wind der spielt mit ihrem haar,
so märchenhaft und wunderbar,
der märchenprinz verspürt den drang,
das kindchen schaut ihn an so bang,
was machst du kindlein so allein,
will lieben dich und herzen fein,
werd dir ein feiner liebster sein
er drückt das kind, das kind wird rot
und drückt das kleine kindlein tot....

© gabriele brunsch fwg-mh