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Samstag, 24. September 2011

Ode an den Herbst

 

Ode an den Herbst

Wieder geht mir der Tag flöten,
und die Musik  rauscht in der Stille...
da, Stimmen, ganz dünn,
ich versteh nichts.
Raus, nichts wie raus,
mein Gabrten ein gelb-brauner See.
Dort wo mein Tritt kaum hinkommt
raschelt der Igel, baut sich
ein Winterloch im Blätterberg,
den derWind hintreibt, täglich mehr.
Da bin ich noch
und wieder ein Herbst,
so ein satter, der nicht nachgibt
und nach mir schlägt mit seinen Farben,
reißt mich am Knöchel und schreit.
Ach, und allem Bemühen zum Trotz -
bleibt mir ganz bescheiden nur -
die Sehnsucht - die nach dem Lied.
Hör, diese Ode nun schreib ich dem Herbst,
weil er mich wieder mal jagt,
so wie das erste mal,
als ich ihn völlig bemerkte,
als er hineinsichtropfenließ in mein Herz...
Und mit dem Sommer, der groß war,
und den Sonnenuhren auf den Fluren
und den Winden halt ich Einkehr
und zieh sie immer von Neuem
durch meine Seele, jahraus-jahrein,
wenns kühler wird, und gelber und brauner
und Todesduft nebelt am Abend.
Du, bleib ruhig, das ist meine Ode,
die kannst ums Verrecken nicht leiden,
ich weiß.
Der Kran am Waldrand macht mich mürbe,
weil ich, wenns Frühling ist,
den Bergsaum nimmermehr sehn kann, ach,
denn da baun sie Häuser hin und dann
ist alles weg.
Wie soll ich denn dann und wann
durch welche Wiese gehn,
wenn keine mehr da ist?
Selbst wenn in Gedanken ich gerne
leicht wie der Wind durch ihre Binsen mich stehle,
geht das nicht mehr.
Es ist zum Heulen.
Na, und dann wird halt geheult - inwendig,
wie ich schon Hundertemale geheult hab,
und denk
ab jetzt niemals mehr.
Und wieder singt mir der Herbst
so ein gelb-braunes Lied in der Birke.
Die Birke, die kindlich mir winkt,
wie eine Tänzerin mit manieriertem Schritt
nachmimt die Jugendzeit.
Schau und das Kind hüpft grad so
wie ich damals durchs Gewirr von Blättern
und jubelt, so als wär es der erste Herbst,
der da ist, und das erste
Jahr das sich neigt, und das ist gut.
Weil doch die Hoffnung niemals versiegt,
gehe auch ich noch, zaghafter jetzt,
doch trotzig und halte mich hoch.
Weil doch die Hoffnung,
das Rinnsal ,
immer noch blöfft.

Ich rechne nicht ab,
wie und womit soll ichs denn tun,
wenn doch alles,
immer nur wieder zurückfällt auf mich,
und wegrennen gilt nicht.
Ja, diesem fränkischen Herbst sing ich mein Lied,
der mein Leben begleitet
wie der Zuckersaft auf der Haut,
wenn du Trauben klaust, so gut ist er,
so würzig, so süß, und klebt.
Er ist ein besonderer,
denn das Grinsen des Winzers
und das seiner Frau
scheint dir aus Dürers Bildern vertraut
und dann erwischst du zuviel vom ganz jungen Wein,
der brausend das Glas dir füllt,
und dann gehts dir schlecht.
Und es scheint, als grinsten sie alle herüber,
als wüssten sie alle von deinem Schicksal,
und es gab doch nicht einmal Tote,
nur so' n paar Schrammen an deiner Seele,
und wer hat die nicht?
Ach, lass dich verführen, du lieblicher Herbstduft,
geh ein paar Schritte
mit mir durch die Nacht, kalt ist’s,
doch du bist mein Bruder,
weil ich doch sonst nirgendwo einen hab.
© Gabriele Brunsch, 1996

2 Kommentare:

  1. "Und wieder singt mir der Herbst
    so ein gelb-braunes Lied in der Birke." Ja, der Herbst scheint mir der Lehrmeister der wahren Poesie zu sein, einer, die nicht bloß drauflosstürmt, einer, die alle Winkel der Seele durchforscht, nicht nur die Süße des Aufbruchs, der die Enttäuschung dann folgt, die erwachsenen, leidgeprüfte, aber gereift zuversichtliche. Da wird es mitunter wohl im Glücksfall so eine Ode.

    Liebe Grüße
    Helmut

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  2. ...ach, lieber helmut, deine worte sind labsal für meine dichterseele... herzlichen dank
    inniglich
    gabriele

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